Das Schuljahr an der Albert-Schweitzer Hauptschule in Vechelde beginnt. Alma*, 11 Jahre, und Metin*, 13 Jahre alt, sind zwei von zahlreichen neu zugewanderten Jugendlichen innerhalb unserer Regelklassen. Sie sind seit wenigen Wochen in Deutschland und nicht alphabetisiert.
Ihnen fehlen nicht nur sprachliche Kompetenzen, sondern auch geeignete Lernstrategien. Technische Geräte zum Lernen sind in den Familien nicht vorhanden. Während Metin lebhaft in seiner Muttersprache spricht und gestikuliert, ist Alma still und zurückhaltend, ihr Sprachverhalten kaum zu beurteilen. Die Teilnahme am Regelunterricht stellt Alma und Metin sowie mein Kollegium sprachlich, organisatorisch und pädagogisch vor große Herausforderungen.
Die Projektzusage von »kits« kommt uns entgegen. Ausgestattet mit mehreren Tablets und Hörstiften inklusive Zubehör eröffnen sich uns neue Perspektiven. Im DaZ-Unterricht soll der Umgang mit den Geräten anhand einiger Lernformate eingeübt werden, sodass die Sprachlernenden im Regelunterricht binnendifferenziert weiterarbeiten können. Besonders die Sprachausgabe der Geräte ist dabei wertvoll. Über die Onlineplattform der Schule kann das Kollegium das technische Material für den eigenen Fachunterricht buchen. Unsere eingeführten DaZ-Arbeitshefte sind zum Teil mit dem Hörstift kompatibel, sodass sich hier eine Verzahnung analoger und digitaler Materialien ergibt.
Heute arbeiten Alma und Metin zum ersten Mal mit den Hörstiften. Diese erregen zunächst ihr Erstaunen, sind anschließend aber kinderleicht zu bedienen. Die Jugendlichen nutzen Kopfhörer und folgen samt Hörstift einer Lernstraße aus Bildern zum Themenfeld »Schulmaterial«. Die Sprachausgabe des Stiftes regt, wenn damit Bilder oder Wörter berührt werden, zum Nachsprechen an. Den erlernten Wortschatz wiederholen die Jugendlichen auf diese Weise selbständig, in Bewegung und ihrem eigenen Lerntempo. An einer Zusatzstation können die Lernenden an einem interaktiven Wimmelbild ihren Wortschatz erweitern. Am Ende überrascht Alma, indem sie sich im Klassenraum vor die Pinnwand stellt. Sie hält den Stift mit dem optischen Sensor voran an ihr Foto. »Das ist Alma«, imitiert sie den Stift. Morgen werden wir den Klassenraum vertonen. Mobiliar und andere Gegenstände versieht man hierzu mit speziellen Stickern, denen durch die Aufnahmefunktion des Hörstiftes eine Tonspur zuordnet wird. Hier werden sowohl Vokabeln als auch kurze Sätze eingesprochen, Lieder untermalen den Inhalt, Wortkarten ergänzen das Angebot.
Ein anderes Mal arbeiten die DaZ-Lernenden mit Tablets an einer digitalen Lerntheke zum Leseaufbau. QR-Codes sind im Klassenraum ausgehängt. Lernapps, aber auch eingesprochene Silben und Wörter mittels QRStorage sind hinterlegt. Zuordnungsaufgaben, Hörverstehen, Nachsprechen und kurze Schreibaufgaben wechseln sich ab. Metin hat vorher gelernt, einen QR-Code mit dem Tablet zu scannen und den hinterlegten Inhalt aufzurufen. Nacheinander wählt und bearbeitet er die Aufgaben, kann sie teils automatisch kontrollieren. Metin arbeitet am Tablet besonders konzentriert und motiviert, sonst weicht er im Unterricht oft aus, arbeitet flüchtig. Seine Augen strahlen heute und er gibt mit Hand und Fuß seine Freude zu verstehen.
Wir machen uns auf den Weg und gestalten unseren Sprachenunterricht technisch sowie digital vielfältiger. Dies betrifft sowohl die Planungsebene aus Lehrkräftesicht als auch die digitalen und technischen Kompetenzen unserer Lernenden im DaZ-Unterricht selbst.
* Namen von der Autorin geändert