Das Schreiben von narrativen Texten (also z. B. einer Geschichte) ist für viele Schülerinnen und Schüler eine große Herausforderung. Die drei Phasen des Erstellens eines Textes (Planen, Formulieren und Überarbeiten) bestehen aus komplexen Teilschritten, die jeweils unterschiedliche Kompetenzen benötigen und miteinander in enger Interaktion stehen.
In wissenschaftlichen Studien stellt sich der Schritt des Planens als besonders relevant heraus. Meist entscheidet sich schon in der Planungsphase, wie lang und qualitativ hochwertig ein Text am Ende sein wird – das Gelingen dieser Phase ist also ein guter Prädiktor; hier kann gut Unterstützung implementiert werden. Um einen narrativen Text erfolgreich planen zu können, müssen Ideen als Antworten auf die W‑Fragen (Wer? Was? Wo? Wann? Warum?) gefunden werden, sodass der Text kreativ und anregend gestaltet werden kann.
In dieser Phase ist das Generieren von möglichst vielen Ideen und das Festhalten von Informationen erforderlich. Dabei kann das Tool TeamMapper eine großartige Unterstützung sein, indem mit einer Partnerin oder einem Partner zusammen kreative Erzählimpulse gesammelt werden. Ausgehend von einem Thema in der Mitte der Mindmap können dann Abzweigungen mit den W‑Fragen erfolgen, sodass die Lernenden ihre Ideen aufschreiben und sich von anderen inspirieren lassen können. Auch Titelideen für die Geschichte können so gemeinsam überlegt werden.
Anschließend kann ein gemeinsamer oder jeweils ein individueller Text entwickelt werden. Das Formulieren (Phase 2) eines narrativen Textes ist der nächste anspruchsvolle Schritt hin zum qualitativ hochwertigen Endprodukt. An dieser Stelle im Schreibprozess müssen die zuvor generierten Ideen in eine sinnvolle Reihenfolge gebracht werden. Anschließend wird ein erster Textentwurf formuliert. Das Tool Etherpad stellt sich in dieser Phase als besonders gewinnbringend heraus, da kollaborativ an einem Text geschrieben werden kann, oder in der nächsten Phase, in der Überarbeitung, Rückmeldungen eingefügt werden können, um so die Qualität eines Textes zu verbessern. Auch die Lehrkraft kann Feedback am Rand eines Textes geben (Welche Kriterien eines guten Texts wurden bereits gut umgesetzt? Welche Kriterien sollten noch stärker beachtet werden, um den Text noch zu verbessern? Wie, also mit welchen Strategien, kann ich das umsetzen? Was sind die nächsten Schritte?). Feedback stellt sich in Studien als besonders wirksam heraus und ist daher ein wichtiges Instrument für die Textüberarbeitung. Die Schülerinnen und Schüler arbeiten das Feedback ein und kommen so zu einem Endprodukt – ihrem eigenen Text. Dieser kann dann in ein anderes Format exportiert und z. B. der Klassengemeinschaft präsentiert werden.
Eine sichere und systematische Einführung und das Üben der drei Phasen im Unterricht ist für alle Schülerinnen und Schüler eine Unterstützung. Zusätzliche Schritt-für-Schritt-Anleitungen oder Checklisten (z. B. mit den W‑Fragen oder Kriterien einer guten Geschichte) können hier innerhalb adaptiver Differenzierung für einige Lernende hilfreich sein. Ebenso ist auch das Geben von unterstützendem Feedback nicht intuitiv für alle umsetzbar, sondern sollte thematisiert werden: Was macht ein gutes Feedback aus? Wie ist das Feedback mit den Kriterien einer guten Geschichte verbunden? Auch hierzu können im Prozess digitale »Spickzettel« hilfreich sein für manche Schülerinnen und Schüler.
Die komplexe Aufgabe, einen narrativen Text zu schreiben, kann so an verschiedenen Stellen systematisch geübt und in eigenständigen individuellen oder kollaborativen und kooperativen Phasen im digitalen Raum umgesetzt und unterstützt werden. Es ist wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler hier Spaß haben und Erfolgserlebnisse bereits während der Entstehung sammeln und nicht nur (aber auch) das fertige Produkt wertgeschätzt wird.
Literaturhinweis
Hayes, J. R. & Flower, L. (1980). Identifying the Organization of Writing Processes. In L. W. Gregg & E. R. Steinberg (Eds.), Cognitive Processes in Writing: An Interdisciplinary Approach (pp. 3–30). Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum.