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All­tags­sprache oder Bil­dungs­sprache – das macht im schu­li­schen Kon­text für die Ler­nenden und die Leh­renden einen erheb­li­chen Unter­schied. Was im Alltag »blöd gelaufen« heißt, wird in der Bil­dungs­sprache »nicht zufrie­den­stel­lend gelöst«, aus »hier rein­kippen« wird im Fach­un­ter­richt »die Flüs­sig­keit wird vor­sichtig in das Gefäß gefüllt«. Am besten ist es, wenn man beides beherrscht. Aber wie kann das gelingen?


Das bil­dungs­sprach­liche Register kann man in all­täg­li­chen Kon­texten nicht erlernen. Dieses lernt man vor allem in der Schule. Des­halb kommt der durch­gän­gigen Sprach­för­de­rung so viel Bedeu­tung zu: in allen Fächern und im gesamten schu­li­schen Umfeld.

Beim Ziel sind wir uns alle einig: Alle Ler­nenden in unseren Klassen sollen die Unter­richts­in­halte ver­stehen und mit­ar­beiten können. Aber wie soll das gehen, wenn sie die Texte und die Arbeits­an­wei­sungen nicht ver­stehen und sich am Unter­richts­ge­spräch nicht betei­ligen können? Muss denn jeder Text umge­schrieben und alle Mate­ria­lien auf­wendig ange­passt werden? Sicher nicht! Aber eine dem Sprach­ni­veau ange­passte Lern­hilfe wäre zugleich eine sinn­volle Unter­stüt­zung und eine gezielte Her­aus­for­de­rung.

Kleine Schritte der Hil­fe­stel­lung im Unter­richt

Im sprach­sen­si­blen Unter­richt ist eine Indi­vi­dua­li­sie­rung stets der erfolg­ver­spre­chendste Weg. So ist es bei­spiels­weise hilf­reich, wenn für neue oder unbe­kannte Unter­richts­schritte eine kleine oder grö­ßere Sprach­hilfe ange­boten wird. Wer als Lehr­kraft für diese Hil­fe­stel­lungen sen­si­bi­li­siert ist, wird mit der Zeit mit gezielten Tech­niken die Ler­nenden schnell und oft nied­rig­schwellig unter­stützen können. Dies kann bei­spiels­weise so aus­sehen:

  • Für den Ein­stieg: Wir stellen eine Vokal­bel­hilfe mit den wich­tigsten Begriffen und Verben der Unter­richts­ein­heit zur Ver­fü­gung. Pas­sende und ein­deu­tige Bilder findet man z. B. hier; Videos und Bilder lassen sich auch mit selbst erstellten QR-Codes ver­linken und ergänzen. Auch Wort­wolken sind hier eine schöne Mög­lich­keit der Visua­li­sie­rung – bei­spiels­weise für die Dar­stel­lung von Wort­fel­dern. Begriffe zum Thema lassen sich in einem Brain­stor­ming zu Beginn sam­meln.
  • Für die Erar­bei­tungs­phase: Die Arbeits­an­wei­sungen werden in ein­fa­cherer Sprache ver­fasst: z. B. bei nied­rigem Niveau sind kurze Haupt­sätze besser zu ver­stehen und es werden gut ein­ge­übte Ope­ra­toren benutzt. Texte in ein­fa­cher Sprache finden sich im Minik­le­xikon. Auch hier helfen Bild­an­wei­sungen weiter. Manchmal ist die Zuord­nung zu einer Gruppe die Lösung: Ent­weder hilft man sich mehr­spra­chig unter­ein­ander weiter oder der Arbeits­auf­trag erklärt sich im Grup­pen­ge­schehen. Hier bieten sich wie­derum kol­la­bo­ra­tive Tools wie das Etherpad oder Exca­lidraw an. Tipp: Wer Lust hat, kann sich einmal sprach­liche Stol­per­steine eines Textes mit dem Lan­guage­Tool anzeigen lassen. Und selbst­ver­ständ­lich können die Ler­nenden auch gän­gige digi­tale Über­set­zungs­tools ver­wenden.
  • Für die Ergeb­nis­si­che­rung: Ein sprach­li­ches Gerüst schafft Sicher­heit beim münd­li­chen wie beim schrift­li­chen For­mu­lieren der Ergeb­nisse (mög­lich sind auch Vor­for­mu­lie­rungen oder Lücken­texte). Auch Bei­spiel­text-Vor­lagen bieten Ori­en­tie­rung beim Ver­fassen von Texten. Diese lassen sich gut mit dem Etherpad ein­binden.

Wei­ter­füh­rende Methoden-Tipps

Egal, welche sprach­li­chen Hilfen man anbietet, das Grund­prinzip ist immer das des Lern­ge­rüsts (scaf­fold). Aus­ge­hend von der schon erreichten Sprach­kom­pe­tenz, plant die Lehr­kraft die Hilfen, mit denen der nächste Schritt der Ler­nenden unter­stützt wird und gelingen kann: ein­fach und logisch und auf die Ler­nenden zuge­schnitten.

Nicht zu ver­gessen: Die Mehr­spra­chig­keit ist eine große Hilfe in allen Unter­richts­si­tua­tionen. Clever genutzt ermög­licht sie Ler­nenden den umfäng­li­chen Zugriff auf alle ihre Fähig­keiten unab­hängig von den Kom­pe­tenzen in der Bil­dungs­sprache.
Warum nicht die Ler­nenden zum Thema nach Sach­texten in der Her­kunfts­sprache suchen lassen? So ver­schaffen sie sich schnell einen inhalt­li­chen Über­blick und ver­stehen mehr vom Unter­richts­ge­schehen. Bei glei­chen Her­kunfts­spra­chen in der Lern­gruppe kann die inhalt­liche Klä­rung des Themas oder der Auf­gabe schnell mit­ein­ander aus­ge­tauscht werden und dann geht es an die Sprach­ar­beit.
Der kluge Umgang mit der Mehr­spra­chig­keit stützt aber auch den Zweit­sprach­er­werb. Kon­tras­tive Sprach­ver­gleiche zum Bei­spiel auf der Wort­schatz­ebene, aber auch auf der Ebene der Sprach­struk­turen, eröffnen Ler­nenden wert­volles Meta-Wissen zu Sprach­sys­temen. QR-Codes eignen sich her­vor­ra­gend, um die Mehr­spra­chig­keit im Unter­richt zu nutzen und die Wert­schät­zung für Spra­chen­viel­falt zu ent­wi­ckeln.

Viele Ver­lage haben für zen­trale Themen aus den ver­schie­densten Fächern The­men­hefte in ein­fa­cher Sprache her­aus­ge­bracht. Solche Mate­ri­al­hilfen könnten als fester Bestand­teil in den Biblio­theken der Fach­gruppen das Thema Sprach­bil­dung fächer­über­grei­fend ver­an­kern und Unter­stüt­zung bieten.

Fazit

Sprach­bil­dung heißt wört­lich, dass die Sprache sich her­aus­bilden muss. Diesen Pro­zess können wir befeuern und the­ma­tisch an den Unter­richts­in­halten aus­richten, indem wir alle Ler­nenden unab­hängig von ihren sprach­li­chen Kom­pe­tenzen mit­nehmen auf dem Weg durch das Thema. Viel­leicht ist unser Unter­richt nicht sofort in allen Facetten sprach­sen­sibel. Aber auch mit kleinen sprach­för­dernden Schritten bringt jede Lehr­kraft die Ler­nenden im Unter­richt zu mehr Teil­habe und damit ein Stück weiter auf dem wich­tigen Weg der Sprach­bil­dung.

Wende dich bei wei­teren Fragen gerne an das Sprach­bil­dungs­zen­trum in deiner Region.

Silke ist Lehrerin für die Fächer Deutsch und Bio­logie an einer Koopera­­tiven Gesamt­­schule in Nieder­­sachsen. Nebenher arbeitet sie an der Univer­­sität Göt­tingen als Lehr­­beauf­­tragte für schulische Fach­­didaktik Deutsch und als Beraterin für sprach- und inter­­kultu­relle Bildung am Sprach­­bildungs­­zentrum Olden­burg-Region. Silke hat Zusatz­­quali­fi­ka­tionen für die Bereiche Deutsch als Fremd- & Zweit­­sprache und für den bilin­gualen Sach­­fach­­unter­­richt. Außerdem ver­brachte sie ein Erasmus-Semester in Eng­­land, was sie als eine ihrer prä­gendsten Erfahrungen bezeichnet.

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